Theater

“Am Rande”: Interaktionen der Zirkuswelt

Zweiter Bildband aus dem Nachlass von Heinz NeumÀrker erscheint

“Heinz NeumĂ€rker setzt die aufregende und exotische Zirkuswelt mit ihren Wagen und Zelten, ihren Akrobaten, Clowns, Dompteure und wilden Tieren fast immer in Beziehung zu jener bĂŒrgerlichen Gesellschaft, die sich nach dem Krieg zu etablieren versucht”, schrieb die Zeitschrift MONOPOL in ihrer Rezension ĂŒber die erste, posthum erschienene Veröffentlichung des Leverkusener Amateurfotografen und Zirkusenthusiasten. Unter dem Titel “Ohne Vorstellung” hatte sein Sohn, ein studierter Kunsthistoriker, den Fotoband im FrĂŒhjahr 2023, sechs Jahre nach dem Tod des Vaters herausgegeben. Mit “Am Rande – Circusfotografien von 1954 bis 1980” veröffentlicht Carsten NeumĂ€rker nun eine Auswahl von weiteren 85 Motiven aus dem rund 200.000 Fotografien umfassenden Nachlass seines Vaters.

Heinz NeumĂ€rker (1935-2017) hatte ĂŒber 50 Jahre lang, von den 1950ern bis in die spĂ€ten 2000er Jahre, vornehmlich im Rheinland den Zirkus fotografiert. Dies tat er hauptsĂ€chlich in seiner Freizeit am Wochenende neben seinem Beruf als leitender Angestellter in einem großen Leverkusener Konzern, wo er durchs Land den Zirkussen hinterherreiste. “Nach neuerlicher Durchsicht der Fotos sind mir manche ins Auge gefallen, die vorher eher nebensĂ€chlich schienen, da sie kaum in das erzĂ€hlerische Konzept der ersten Veröffentlichung gepasst haben”, schreibt der Herausgeber im Vorwort der Neuveröffentlichung. In der Tat folgte das erste Buch dem Konzept, die Abfolge von der Ankunft der ersten Zirkuswagen bis hin zur spielfertigen Manege und dem Eintreffen der Zuschauer unmittelbar vor der Vorstellung zu erzĂ€hlen, mit Motiven von unterschiedlichen Zirkussen, StĂ€dten und aus zwei Jahrzehnten. Im neuen Band gibt es einen solchen ErzĂ€hlstrang nicht. “Eine thematische Gemeinsamkeit, abgesehen vom Circus selbst, fand sich nicht”, so Carsten NeumĂ€rker, “eher schien sich eine konzeptionelle oder kompositorische anzudeuten, wenn auch nur “Am Rande””.

Dennoch lassen sich Themenblöcke ausmachen wie Aufbau, Bauten und Fahrzeuge, aber auch die Architektur von Zelt und Kulissen – die wie im ersten Buch die Arbeit unterschiedlicher Kompanien an verschiedenen Orten und zu unterschiedlichen Dekaden dokumentieren. Auch im neuen Buch wird eine Besonderheit der Arbeit von Heinz NeumĂ€rker im Gegensatz zu den Magnum-Fotografen ganz deutlich: Er zeigt nicht das Abseitige und Individuelle, sondern die Interaktion der Besucher und Zuschauer mit den Zirkusarbeitern, Artisten und auch Zirkustieren. So schlussfolgerte die Zeitschrift SCHWARZWEISS bereits nach der letzten Veröffentlichung: “Die StĂ€rke von Heinz NeumĂ€rker liegt in der grafischen Komposition, die durch Parallelen von architektonischen Linien und menschlichen oder tierischen Bewegungen zuweilen auch Schmunzeln macht […] nicht nur eine Entdeckung zum Thema Zirkus, sondern auch des Selfmade-Fotografen Heinz NeumĂ€rker.” Auch hier kann man Schmunzeln: eines der Fotos zeigt ein Banner am Zaun vor dem Zirkuszelt (aufgenommen in Bonn 1976), darauf geschrieben ein Zitat von Goethe, der einmal gesagt haben soll, dass wenn er den Mops seiner Geliebten zum Verwechseln Ă€hnlich abgezeichnet habe, er zwei Möpse hĂ€tte, aber noch immer kein Kunstwerk.

Heinz NeumĂ€rker: “Am Rande – Circusfotografien von 1954 bis 1980”, herausgegeben von Carsten NeumĂ€rker, 168 Seiten SW, 31x31cm, Hardcover, Fadenheftung, Leinen, mit 84 Abbildungen, Digitaldruck auf Arctic Volume 150gr, fast zwei Kilo schwer, bis zum 14.12.2023 zum Subscriptionspreis von EUR 78,00 (anschließend EUR 98,00) beim Verlag erhĂ€ltlich (email@vision-eins.de), oder den Online-Shop von BUCH.ONE ( https://buch.one/buchhandlung/subscription-heinz-neumaerker-am-rande-circusfotografien-von-1954-bis-1980/ ). Erscheint voraussichtlich am 15.12.2023.

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